Wer Medizin studiert, für den stellt sich irgendwann zwangsläufig die Frage: Welches Fachgebiet soll es eigentlich mal werden? Hoch im Kurs bei Studierenden stehen seit Langem zum Beispiel die Chirurgie, die Innere Medizin oder auch die Anästhesiologie. Viele können sich auch gut vorstellen, Kinderärztin oder Kinderarzt zu werden. Kaum aber jemand träumt von der Allgemeinmedizin, dabei wird die Facharztausbildung in diesem Bereich sogar von der KV Hessen gefördert. Warum eigentlich nicht?
Vielseitig und ganz nah dran
Fachärzte sind echte Profis auf ihrem Gebiet. Das gilt für Allgemeinmediziner ganz genauso wie für z. B. Radiologen, Hautärzte oder Orthopäden. Während Letztere allerdings wirklich tief in das Spezialwissen ihres Fachgebiets eintauchen, eignen sich Allgemeinmediziner während der Facharztausbildung grundlegende Kenntnisse aus zig Fachbereichen an. Dabei gehen sie natürlich inhaltlich nicht so sehr in die Tiefe wie ihre speziell ausgebildeten Fachkollegen, erwerben aber ein breites medizinisches Wissen, aus dem sie im Alltag tagtäglich schöpfen können. Denn wenn die Allgemeinmedizin eines ist, dann unglaublich vielseitig und abwechslungsreich. Zu den am häufigsten behandelten Krankheitsbildern gehören Krankheiten des Muskel-, Skelett- und Bindegewebssystems, Krankheiten der Atemwege, Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische Probleme und Verhaltensstörungen.
Die meisten Allgemeinmediziner sind als Hausärzte tätig. Allein daraus ergibt sich das breite Behandlungsspektrum. Gerade in ländlichen Regionen ist der Weg in eine Facharztpraxis oft weit, sodass die Hausärztin oder der Hausarzt erste Ansprechpartnerin oder erster Ansprechpartner bei medizinischen Problemen ist. Von der Erkältung über die Sportverletzung bis hin zu Demenz ist alles dabei. Wer sich für die Allgemeinmedizin entscheidet, den erwartet also ein abwechslungsreicher Alltag, in dem Menschen mit ganz unterschiedlichen Anliegen in der Praxis vorstellig werden. Oft baut sich im Laufe der Zeit eine echte Bindung zwischen Patientin bzw. Patient und Ärztin bzw. Arzt auf und beide lernen sich gut kennen. Gerade weil die Hausärztin bzw. der Hausarzt viel über die Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten weiß, kommt ihr oder ihm eine Schnitt- und Koordinationsfunktion zu, z. B. wenn Überweisungen zu Fachärzten anderer Fachgebiete oder zu Therapeuten notwendig sind. Hausärztinnen und Hausärzte sollten also auch kommunikativ sein und Behandlungen gerne in Abstimmung mit anderen Praxen organisieren.
Beruf und Familie kombinieren
Schon bei der Berufswahl spielt für viele junge Menschen heutzutage die Frage nach der Vereinbarkeit von Karriere und Familie eine große Rolle – natürlich auch in der Medizin. Der Großteil der Medizinstudierenden ist weiblich, aber auch immer mehr angehende Ärzte haben keine Lust auf 80-Stunden-Arbeitswochen, Schichtdienste und Bereitschaften. Als Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner in der ambulanten Versorgung ist es möglich, ein erfülltes Berufs- und Familienleben zu haben. Gerade wer eine eigene Praxis gründet, legt z. B. die Arbeitszeiten selbst fest. Immer mehr junge Ärztinnen und Ärzte entscheiden sich außerdem für die Gründung einer Praxisgemeinschaft, in der auch problemlos in Teilzeit gearbeitet werden kann.
Und durch die Aufhebung der Residenzpflicht ist auch die Niederlassung als Allgemeinarzt im ländlichen Raum noch einmal deutlich attraktiver geworden. Wohnen in der Stadt, arbeiten auf dem Land – das geht inzwischen problemlos. Hinzu kommt: In den kommenden Jahren gehen auch in Hessen tausende Allgemeinmediziner bzw. Hausärzte in den Ruhestand und suchen Nachfolgerinnen oder Nachfolger. Die Chancen, eine gut gehende Praxis zu übernehmen, sind aktuell also hervorragend.
Dein eigenes Ding machen
Aber nicht nur aufgrund der guten Berufsaussichten und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist es lohnenswert, eine Laufbahn als Allgemeinmediziner in Betracht zu ziehen. Auch finanziell rechnet es sich, denn Hausärzte verdienen gutes Geld. Aktuelle Zahlen zum Verdienst veröffentlich die KV Hessen regelmäßig. Natürlich hängt der Verdienst auch mit dem Behandlungsspektrum zusammen. Hier bietet die Allgemeinmedizin Fachärzten spannende Zusatzqualifikationen, z. B. in den Bereichen Sportmedizin, Suchtmedizin, Tropenmedizin oder Akupunktur. Damit kannst du auch als Allgemeinmedizinerin oder Allgemeinmediziner dein Profil schärfen und deine Praxis noch einmal weiterentwickeln.
Gut zu wissen: Schon in der Facharztausbildung im Bereich Allgemeinmedizin verdienst du richtig gutes Geld. Denn: In diesem Fachgebiet herrscht ein Mangel an Ärztinnen und Ärzten, weshalb die KV Hessen die Weiterbildung fördert. Für bis zu 30 Monate erhält die ausbildende Praxis monatlich 5.000 €, die sie als monatliches Bruttogehalt in voller Höhe an die Ärztin oder den Arzt in Weiterbildung auszahlt. Nicht schlecht, oder?
Fazit: Allgemeinmedizin – viel spannender als ihr Ruf!
Als Allgemeinmediziner/Hausärzt in der ambulanten Versorgung zu arbeiten, hat leider immer noch keinen besonders guten Ruf. Dabei ist die Tätigkeit vielseitig und lässt sich gut mit dem Familienleben vereinbaren. Hinzu kommt die Langzeitbetreuung von Patientinnen und Patienten, die viele Hausärztinnen und Hausärzte als sehr spannend und wertvoll beschreiben. Nicht zuletzt sind die Verdienstmöglichkeiten für niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte nicht zu verachten. Wer ein abwechslungsreiches Fachgebiet mit einem breiten Behandlungsspektrum sucht, sollte deshalb einen zweiten Blick auf die Allgemeinmedizin werfen.
Noch nicht genug vom Thema? Viele Infos sowie alles zur Förderung der Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin erhältst du bei der KV Hessen sowiebei der Koordinierungsstelle Weiterbildung Allgemeinmedizin Hessen.
Alexander Kowalski
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